„Weshalb die Menschen und vor allem die Herrscher gelobt und getadelt werden“
Räume rund um ein pulsierendes Herz: Das sind die 2300 Quadratmeter des von Studio Boeri entworfenen Pavillons für Italien als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse – eine Einladung, unser kulturelles Erbe zu entdecken. Dieses Herzstück ist die von traditionellen Dörfern inspirierte Piazza, auf die verschiedene Ausstellungsräume gerichtet sind. Orte, an denen die Wurzeln des Wissens mit dessen Zukunft in Dialog treten.
Die Ausstellung, die Niccolò Machiavellis Principe (Der Fürst) gewidmet ist – einem posthum veröffentlichten Meisterwerk, das auch heute noch die Debatte über den Umgang mit Macht und Herrschaft und allgemein über politisches Denken, dessen Autonomie und Notwendigkeit, befeuert – ist von großer Bedeutung: „Weshalb die Menschen und vor allem die Herrscher gelobt und getadelt werden.“
Ewigkeit und Aktualität
Das Zusammenspiel von der Realität der Tatsachen und der Naivität auf der einen Seite oder von Zynismus, Ethik und der Rolle der Tugend oder des Glücks auf der anderen sind Themen, zu denen sich eine Debatte auch noch fünf Jahrhunderte später lohnt. Die Ausstellung will über den negativ assoziierten Machiavellismus hinaus die Aufmerksamkeit auf die revolutionäre Tragweite von Machiavellis Denken lenken, eine Vision, die auch die heutige Welt anspricht.
Il Principe (Der Fürst), dessen ursprünglicher Titel De Principatibus lautete, wurde 1513 verfasst, als Machiavelli nach der Rückkehr der Medici aus Florenz verbannt wurde. Das Werk ist Lorenzo de' Medici, dem Herzog von Urbino, gewidmet und ist eine Abhandlung in 26 Kapiteln, die dem Fürsten als praktischer Leitfaden zur Stärkung seines Fürstentums dienen sollte. Das 1532, fünf Jahre nach dem Tod seines Autors, in Druck gegangene Werk hat über mehr als fünf Jahrhunderte und in zahlreichen historischen Konstellationen, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg – je nach Zeitgeist gelobt oder getadelt – einen unbestreitbaren Einfluss auf die Welt ausgeübt und tut dies auch dank seiner Allgegenwärtigkeit weiterhin.
Il Principe erobert die Welt
Il Principe (Der Fürst) ist neben der Divina Commedia (Göttliche Komödie) und Pinocchio der am häufigsten übersetzte Text der italienischen Literatur. Denn er wird über seinen literarischen Wert im engeren Sinne hinaus von Philosophen und Politikwissenschaftlern, Historikern und allen, die sich für das Verständnis des menschlichen Handelns, seiner Licht- und Schattenseiten interessieren, geschätzt. Seit 1969, dem fünfhundertsten Jahrestag von Machiavellis Geburt, sind alle seine Werke als Fachbücher oder populärwissenschaftliche Bände in die wichtigsten modernen Sprachen übersetzt worden, von den europäischen Sprachen bis hin zu Mandarin, Japanisch und Koreanisch: Das gibt ihm eine weltweite Leserschaft von Hunderten von Millionen Menschen.
Der Principe ist und bleibt unvergänglicher Erfolg bei Bewunderern und Verächtern, wovon auch eine Unzahl von Produkten zeugt, die von seiner Figur inspiriert sind, ein eklektisches Merchandising und eine Fülle von Objekten, die die Jahrhunderte durchziehen: ein Nachname, der deanthroponymisch verwendet wird und ein bisschen überall angekommen ist, denn machiavellistisch ist ein Begriff, der Genie oder Verräter bedeuten kann, aber immer in Bann zieht.
Von Luxusausgaben bis zum Merchandising: Die tausend Gesichter des Principe
Deshalb wird die dem Fürsten gewidmete Ausstellung eine Reise in die Vielfalt der Deutungen, der Irrungen und Wirrungen der Geschichte sein, voller Überraschungen und Kuriositäten: ein wertvolles Porträt Machiavellis aus dem 16. Jahrhundert, das Pedro de Rubiales zugeschrieben wird, im Gegenspiel mit dem Bild des Autors auf einer ägyptischen Zigarettenschachtel aus dem Jahr 1935; ein äußerst seltenes Manuskript von Il Principe, aufbewahrt in der Biblioteca Augusta in Perugia, wird neben einer anonymen und geheimen Ausgabe aus dem Jahr 1640 und wertvollen französischen und englischen Ausgaben aus dem 20. Jahrhundert präsentiert.
Und dann natürlich Machiavelli auf Münzen und Geldscheinen, in Spielen und Videospielen, auf Notizbüchern und CD-Hüllen mit dem Text, der in einem ständigen Wechsel von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft rezitiert wird, der den Geist von Italien als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse perfekt darlegt: die Erinnerung als Motor von morgen. Und manchmal mit bizarren Fehlern, wie im Fall der angolanischen Briefmarke aus dem Jahr 2000, die ein falsches Veröffentlichungsdatum des Principe trägt, aber dennoch ein äußerst wahrheitsgetreues Beispiel für die Bewunderung und Verbreitung darstellt, eines von vielen, die über die fünfhundertjährige Geschichte auf der ganzen Welt entstanden sind.